The Hearing Man

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Grundlagen der Wahrnehmung

Beim hörenden Menschen treffen immer zwei wesentliche Aspekte aufeinander:

  • die Hörphysiologie
  • die Hörpsychologie

Die Hörphysiologie umfasst die Frequenzbandbreite und den Dynamikumfang des Gehörs sowie die Leitung der Nervenimpulse an das Gehirn.
Die Hörpsychologie umfasst die determinierten Hörerfahrungen und deren Beziehung zu Lebenssituationen.

Die gesamte auditive Wahrnehmung wird wesentlich bestimmt durch die genetische, die naturale und die soziale Determination des Individuums. Der Mensch nimmt natürliche Schallereignisse, wie z.B. Musik, stets auf Basis seiner individuellen Determination war, in Natura ebenso wie bei der Reproduktion. Im Ergebnis entsteht immer auch ein Hör-Gefühl. Was uns beim Hören von reproduzierter Musik fehlt, ist die Referenz dafür, welche Information sich auf den Aufnahmen tatsächlich befindet. So unterliegt unsere Hörwahrnehmung immer auch einer Hörerwartung.

Wenn wir ein original Schallereignis, z.B. den Einschwingvorgang einer Gitarrenseite hören, dann hören wir eine bestimmte Signalstruktur. Wir hören diese Signalstruktur mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns. Daraus ergibt sich unser Höreindruck des Originals. Wenn wir eine Reproduktion genau so wahrnehmen wollen wie das Original, dann muss (!) die reproduzierte Schallstruktur identisch sein mit der original Schallstruktur, damit wir mit allen physiologischen und psychologischen Eigenarten unseres Hörsinns dasselbe Hörergebnis haben. Die Reproduktion darf keine Annahmen hörphysiologischer oder hörpsychologischer Eigenarten in sich tragen, denn zweimal Hörphysiologie / -psychologie-Einfuss hintereinander ist absurd und unlogisch und kann niemals zum originalgleichen Höreindruck führen.

Hörtypen

Die Menschen lassen sich gemäß ihrer Vorlieben in drei Hörtypen einteilen. Wichtig bei der Differenzierung der Typen ist, dass jeder körperlich und geistig gesunde Mensch die Wahrnehmungsmuster aller drei Typen in sich trägt. Das, was eine Zuordnung zu einem Hörtyp begründet, ist seine Präferenz bei der Wahrnehmung. Wichtig zu bedenken ist auch, dass es bei jedem Menschen eine Schwankungsbandbreite gibt. Diese ist von vielen Faktoren wie zum Beispiel Hunger, Stress, Atmung, Wohlbefinden usw. abhängig. Daher bevorzugen wir in den unterschiedlichsten Zustands. / Stimmungslagen die für uns jeweils passende Musik.

Der "Druck-Hörtyp" oder "tonale Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • der Schalldruck
  • die Tonhöhe
  • die langsame Wahrnehmung
  • der eingeschwungene Ton
  • tiefe bis mittlere Töne

Die sensorische Wahrnehmung von Druck ist eine der einfachsten Wahrnehmungsformen, die schon bei einfachen Lebensformen möglich ist. Die Frequenz von Druckschwankungen zu erkennen, die Tonhöhe im Gehirn zu erkennen und zu erinnern ist eine Erweiterung dieser Wahrnehmungsfähigkeit. Dynamik wird insbesondere als Differenz zwischen dem Mittelwert lauter Passagen und dem Mittelwert leiser Passagen empfunden. Druck-Hörer verspüren erst dann Wohlbefinden, wenn die Bass-Schallwellen den inneren Bauchraum stimulieren. Sie fühlen sich von zu viel Information und zu schnellen Vorgängen überfordert. Das geht häufig einher mit einer eingeschränkten Wahrnehmung von Räumlichkeit.
Akustische Informationen lösen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung keine dreidimensionale bildhafte Vorstellung im Gehirn aus. Entsprechende Eigenschaften von Musik-Übertragungsketten werden somit nicht oder kaum wahrgenommen. Diese Personengruppe nimmt entsprechende Qualitäten oder Mängel eher als Klarheit oder Verschleierung war. Der Zugang zu Phänomenen der Dreidimensionalität bleibt hingegen verwehrt. Die akustische Ortung beschränkt sich auf die Lokalisation der Herkunft des Schalls, also darauf, ob es von links oder rechts oder aus der Mitte oder von unten oder oben kommt. Dies gilt für die tatsächliche Herkunft, z.B. aus einem Lautsprecher oder einer Reflexion von einer Wand. Dipol-Lautsprecher oder Lautsprecher mit rückseitigen Chassis (meist Hochtönern) sind hier ein Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Raum-Tiefe, da die Lokalisation der rückwärtigen Reflexionen Ersatz für das fehlende dreidimensionale Bild im Gehirn sind.

Datei:Spirit 4.jpg
Myro Spirit IV

Der "Rhythmus-Hörtyp" oder "analytische Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • schnelle rhythmische Strukturen
  • Impuls-Dynamik
  • Energie
  • Analytik
  • mittlere bis mittelhohe Töne

Eine komplexere und schnellere Wahrnehmung ist erforderlich, wenn es um Impulsdynamik und komplexe Schwingungsmuster geht. Dem Gehirn werden hierbei schnelle analytische Fähigkeiten abverlangt.

Der "Struktur-Hörtyp" oder "sinnliche Hörtyp"

Die Schwerpunkte sind:

  • Mikro-Strukturen
  • Fein-Dynamik
  • Raumempfindung
  • Frequenzbandbreite
  • hohe und tiefste Töne

Dieser Hörtyp besitzt die ausgeprägten Eigenschaften der Visualisierung und Raum-Empfindung. Die Wahrnehmungsfähigkeit extrem schneller Vorgänge und hochkomplexer Strukturen gehört ebenso zu seinen Merkmalen.

Phasenempfindlichkeit des Gehörs

Bei der Diskussion über die Hörbarkeit von messtechnischen Differenzierungen, wie zum Beispiel der Phase oder der Sprungantwort, müssen wir uns zunächst die Frage stellen, ob es sich überhaupt um einen an sich hörbaren Aspekt handelt. Das gilt ebenso für die Verknüpfung von z.B. Phase und Amplitude. Ein Frequenzgang an sich ist kein hörbares Ereignis. Ein Phasenverlauf an sich ist auch kein hörbares Ereignis. Wir hören Druck-Zeit-Verläufe. Wir hören eine Schalldruckstruktur. Wenn wir darüber diskutieren, ob wir Phasenverschiebungen hören, dann müssen wir uns Gedanken machen, wie die aus einer Phasenverschiebung resultierende Schalldruckstruktur aussieht bzw. welche Auswirkung eine Phasenverschiebung auf die Schalldruckstruktur hat. Phasenverschiebungen von Dauertönen sind unhörbar, weil es keine Bezüge zu anderen Schallereignissen gibt. Phasenverschiebungen bestimmter Schallanteile innerhalb einer komplexen Schallstruktur sind dagegen sehr gut hörbar. Die Hörbarkeit möglichst linearer Amplitudenfrequenzgänge ist für sich betrachtet nicht diskutierbar, da wir Schallamplitudenwerte an sich nicht hören. Ein Schalldruckwert ist eine Konstante. Wir hören dagegen Schallamplitudenwertänderungen innerhalb einer Schallstruktur.
Die Phasenempfindlichkeit, so auch die Erkennung von Fehlern im Phasengang, unterscheidet sich je nach Frequenzbereich. Im empfindlichen Hörbereich nehmen wir auch die Phasenverschiebungen empfindlicher war. Bei tiefen Frequenzen tritt aufgrund der Wellenlängen das Phänomen auf, dass Phasenverschiebungen bei Übertragung eines Klanges (Frequenzgemisch) die Grund- und Obertöne zeitlich extrem auseinander ziehen, denn 45° Phasenverschiebung bei tiefen Tönen entspricht einer viel längeren Zeit als bei hohen Tönen mit deren kurzen Wellenlängen.

Der Hörsinn reagiert:

  • sehr empfindlich auf Phasenverschiebungen im Einschwingen (vor allem bei natürlichen Schallereignissen)
  • empfindlich auf Phasenverschiebungen innerhalb von Klängen
  • unempfindlich auf Phasenverschiebungen isolierter eingeschwungener Töne

Wenn wir uns über die Hörbarkeit von Messergebnissen unterhalten, dann können wir uns folglich nur über komplexe Schallereignisse unterhalten. Alle anderen Aussagen sind lediglich abstrakte subjektive Vorstellungen darüber, wie sich der ein oder andere Messwert auf das Hören auswirken könnte. Reine Spekulation! Niemand wird von sich behaupten, im Kopf aus dem Frequenzgang und der Gruppenlaufzeit auf die Schallstruktur schließen zu können. Sprungantworten sind komplexe Schallereignisse. Unterschiede in den Sprungantworten hören wir genauso wie wir das Knacken von Zweigen oder das Händeklatschen unterscheiden können. Das sind alles sehr kurze Schalldruckstrukturen die wir klar unterscheiden können. Wir hören sogar die unterschiedlichen Klangcharaktere. Das ist für jeden aus der natürlichen Hörerfahrung heraus klar zu bestätigen. Und was für Sprungantworten gilt, gilt auch für alle als Testsignal verwendeten Schallstrukturen, wie z.B. eine Sinusperiode oder ein Sinusburst etc.. Sie alle sind direkt hörbar.