What Does The Frequency Response Say?

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Wir sind es gewohnt, Lautsprecher anhand von 2-D-Frequenzgang-Diagrammen zu beurteilen. Von allen Messwerten eines Lautsprechers wird der Frequenzgang am häufigsten dargestellt und bewertet. Er ist das Ergebnis einer Frequenz-Analyse des jeweils verwendeten Messsignals. Mitunter ist es die einzige von einem Hersteller bekannt gegebene Messung. Die zugrunde liegenden Annahmen lauten, vor allem dieser Frequenzgang sage etwas über den Klang aus und würde in der angegebenen Bandbreite der Musikwiedergabe auch zur Verfügung stehen, er sei zeitinvariant. Daher werden im folgenden mehrere Aspekte betrachtet, die sich mit den Aussagen, welche einem Frequenzgang zugeschrieben werden, auseinandersetzen.

Bildung einer Schallsumme

Alle Parameter (z.B. die Gruppenlaufzeit, linearer Amplituden-Frequenzgang und weitere) sind für die Signalbildung, das heißt für die Rekonstruktion des Eingangssignals, wichtig. Jeder Parameter ist ein Teil des gesamten Wandlungsprozesses, kein einzelner Parameter kann ein Signal bilden. Entsprechend kann ein Amplitudenfrequenzgang keinen Klang darstellen. Man kann einzelne Parameter daher nicht herausnehmen und deren Bedeutung bewerten.
Der Amplitudenfrequenzgang eines Lautsprechers setzt sich aus den Parametern Frequenz und Lautstärke zusammen. Als Betrachter sehen wir, wie laut der Lautsprecher bei verschiedenen Frequenzen ist. Die Signalformen, aus denen der Amplitudenfrequenzgang errechnet wurde, sind jedoch nicht erkennbar. Wir sehen nicht, zu welchem Zeitpunkt eine Frequenz in der Schallantwort des Lautsprechers vorkommt. Wir sehen demzufolge auch nicht, wie die Schwingungsfolge der Schallantwort aussieht. Wie sich messtechnisch zeigen lässt, unterscheiden sich beim Einschwingen des Lautsprechers die ersten Halbwellen einer Sinusschwingung eindeutig von den nachfolgenden Schwingungen. Dies bildet sich im Frequenzgang jedoch nicht ab. Da wir aber diese Schwingungsfolge hören, haben wir keine Information über das Klangereignis, das hinter einem Frequenzgangdiagramm verborgen ist. Daher lassen nur Messungen, die das Ganze zeigen, auch eindeutige Rückschlüsse auf das Ganze zu.
Schallereignisse sind Schalldruckänderungen über die Zeit. Das Wort "Änderung" verweist schon auf den zeitlichen Verlauf. Schall ist die zeitliche Folge von Druckintensitäten. Da wir Schall hören, hören wir die zeitliche Folge von Druckintensitäten. Ein Klang, eine Schallstruktur, ist eine zeitliche Folge von Druckintensitäten. Die Druckamplitude ist keine Konstante. Sie ist nur in ihrer Veränderung, der untrennbaren Koppelung an die zeitliche Folge, hörbar. Eine "nur amplitudenrichtige" Variante eines Lautsprechers kann es nicht geben. Ebenso ist eine zeitliche Veränderung ohne Änderung der Schallstruktur nicht möglich. Daher kann man Zeitrichtigkeit / Linearphasigkeit auch nicht hören. Da wir Schall hören, hören wir die zeitliche Folge von Druckintensitäten (-Amplituden). Sobald eine Diskussion über die Hörbarkeit unhörbarer, voneinander getrennter Einzelaspekte geführt wird, wird man keine Erkenntnis daraus ziehen können.
Für direkten wie auch für indirekten Schall (Raumreflexionen) gilt:

  • Wir hören die Schallwellenform, die Schallstruktur.
  • Wir hören keine Frequenzgänge.
  • Frequenzgänge an sich sind kein hörbares Ereignis.

Welche Aussagekraft hat also ein Frequenzgang-Diagramm?
Es hat nur eine rein mathematisch-theoretische Aussagekraft darüber, wie hoch der Anteil einer bestimmten Frequenz innerhalb eines Frequenzgemischs ist - mehr nicht. Daher können zwei vollkommen identische Frequenzgang-Diagramme von völlig unterschiedlich klingenden Lautsprechern stammen.

Datei:La_Musica2012.jpg

Datei:GrandConcertAMT2540 1 50.jpg

Sinngemäß trifft dies auch auf die weiteren 2-D-Frequenzdiagramme zu:

  • akustische Phase
  • Impedanz
  • elektrische Phase
  • Abstrahlwinkel (Polardiagramm)
  • Distortions (Klirr)
  • Gruppenlaufzeit

Kein normaler Mensch ist jedoch in der Lage, anhand der Betrachtung diverser Diagramme im Kopf mathematisch in das Ursprungssignal zurück zu rechnen.

Bei Musikaufnahmen werden die Signale in einer Oszilloskop-Darstellung angezeigt, damit der Tonmeister sie erkennen und bearbeiten kann. Oszilloskop-Darstellungen zeigen das Signal über den zeitlichen Verlauf, nicht aber dessen Frequenzgang. Als geübter Tonmeister hat man ein Auge dafür, welches Ereignis beispielsweise das Einsetzen eines Schlagzeugs darstellt. Zudem lassen sich diese Schwingungen einfach wieder abspielen und hörbar machen. Oszilloskop-Darstellungen repräsentieren im Gegensatz zum Frequenzgang ein hörbares Ereignis. Ohne sie sind Frequenzgang-Diagramme klanglich nicht interpretierbar. Auch diese Interpretation ist extrem schwierig. Im Gegensatz zu Amplituden-Frequenzgang-Diagrammen können zwei identische Oszilloskop-Darstellungen jedoch unmöglich zwei unterschiedliche Klänge darstellen.
Klanginterpretationen anhand von Frequenzgangschrieben und Diskussionen darüber sind daher absurd und sinnfrei! Die klangliche Interpretation von Frequenzgangschrieben gehört jedoch seit Generationen zur HiFi-Kultur und selbst manche Entwickler kommen nicht darüber hinaus. Testredakteure machen regelmäßig Klangbewertungen anhand dieser Diagramme. Unzählige Diskussionen in Foren und andernorts werden darüber geführt. Nichts von all dem macht wirklich Sinn!
Dies liegt in den Eigenschaften begründet, die in einer Frequenzgangmessung nicht erfasst werden.

Frequenzgangmessung

Bei einer Frequenzgangmessung wird dem Lautsprecher in der Regel ein Messsignal zugeführt, das mindestens die vorab eingestellte Frequenzbandbreite umfasst. Mit Hilfe eines entweder fest voreingestellten oder selbst festzulegenden Mitlauf-Filters wird das jeweils auszuwertende Segment des Messsignals bestimmt. (Das ist ungefähr so, als würde man aus dem Fenster auf einen vorbeifahrenden Zug schauen.) Die erforderliche mathematische Auswertung bezieht sich dabei auf den während des Messvorgangs eingeschwungenen Zustand des Lautsprechers. Die berechneten Amplitudenwerte und deren Frequenzzuordnung beziehen sich bei Messungen dieser Art auf den "eingeschwungenen Zustand". Die innerhalb des Messfensters vorliegende Schalldruckstruktur wird dabei quantitativ bewertet, in Amplitudenwerte umgerechnet und den Frequenzen zugeordnet. Dabei geht die eigentliche Schalldruckstruktur des vom Lautsprecher abgestrahlten Schalls verloren. Der Faktor Zeit wird bei Frequenzgangmessungen ausgeschlossen. Das Messfenster umfasst bei tiefen Frequenzen einen größeren Zeitraum als bei hohen Frequenzen da eine tieffrequente Schallwelle eine längere Welle darstellt (weniger Schwingungen pro Sekunde, also mehr Zeit pro Schwingung). Daher werden insbesondere Raumreflexionen bei tieferen Frequenzen, und in Abhängigkeit von der Nähe der Reflexionsfläche, innerhalb des Messfensters ebenfalls erfasst. (Das ist dann ungefähr so, als würde ein LKW vor unserem Fenster vorbeifahren während der Zug vorbeifährt.) Im Frequenzgang sieht man daher zunehmend bei tieferen Frequenzen entsprechende Welligkeiten.
Eine Frequenzgangmessung ist daher nichts weiter als eine Schallamplitudensammlung mit Frequenzzuordnung. Deren Grundlage, die Schalldruckstruktur des vom Lautsprecher abgestrahlten Schalls, ist dabei für den Betrachter nicht erkennbar.

Messdiagramme sind dafür da, dem kundigen Experten Hinweise auf Übertragungseigenschaften zu geben und dienen als Werkzeug für die Suche nach Fehlern und deren Ursachen. Eine Anleitung dafür, wie man Fehler vermeidet und wie die Rekonstruktion des Ursprungssignals zu schaffen ist, ist darin nicht enthalten. Nur Oszilloskop-Darstellungen zeigen die komplexe Schwingungsstruktur, die Schalldruckschwankungen, die auch unser Hörorgan anregen.

Gleichwohl findet sich ein Phänomen in der Regel in jeder Teilansicht bzw. auf spezifische Art in jeder Messung wieder. Ein Beispiel:
Die Membranresonanz eines Mitteltöners sehen wir:

  • im Frequenzgangdiagramm als Pegelüberhöhung
  • bei der akustischen Phasenmessung als eine Phasendrehung
  • im Gruppenlaufzeitdiagramm ebenso als Schwankung auf der Zeitebene
  • bei der elektrischen Phasenmessung auch als Phasenschwankung
  • im Wasserfalldiagramm im Ausschwingen auch als Rippel
  • in der Impulsantwort als Nachschwinger
  • bei der Sinusmessung als Verformung
  • in der Spungantwort als Spitze mit nachfolgendem Einbruch und anschließendem Ringing etc. etc..

Es ist und bleibt jedoch die Membranresonanz eines Mitteltöners.

Der dynamische Vorgang

Die Wellenform von direktem Schall ist abhängig von der vom Lautsprecher unter Winkel abgestrahlten Wellenform. Im Verlauf des Schwingungsvorgangs (Einschwingen - Ausklingen) durchläuft der Lautsprecher unzählige, sehr unterschiedliche Frequenzgänge.

Beipiel:
Wenn wir uns die Spektralanalyse einer Farbe vorstellen, beispielsweise der Farbe Rubinrot, dann erhalten wir viele Farben in unterschiedlicher Gewichtung. Jede einzelne Farbe lässt keinen Rückschluss auf das Ganze zu, auch nicht die Kombination von zwei im Rubinrot enthaltenen Farben.
Wenn wir uns das Ganze nun auch noch dynamisch vorstellen, beispielsweise anhand eines rubinroten Blitzes, so werden wir über den Zeitverlauf des Blitzes, von seinem Anfang bis zu seinem Ende, zu den unterschiedlichen Zeitpunkten sehr unterschiedliche Spektralanalysen erhalten.

Wenn man eine Gitarrensaite abzupft und das Frequenzspektrum über den zeitlichen Verlauf analysiert, so erhält man zu jedem Zeitpunkt ein anderes Spektrum. Würde man eines dieser Spektren herausnehmen und behaupten, es würde den Gitarrenklang repräsentieren, läge man daneben.

Die Bandbreite eines Lautsprechers lässt sich entsprechend auch nicht durch einen Frequenzgang von... bis angeben. Zwei Modelle, z.B. mit Grenzfrequenz (-3 dB) bei 35 Hz, können sich im Tiefbassverhalten derart stark unterscheiden, dass diese Aussage auf das reduziert wird, was sie eigentlich ist, nämlich völlig wertlos. Gleiches gilt für das obere Übertragungsende.

  • Unter welchem Winkel werden welche Frequenzen wie wiedergegeben?
  • Täuscht eine Membranresonanz lediglich nutzbaren Übertragungsbereich vor?
  • Wie sieht die Tiefpasscharakteristik aus?

Vergleicht man zum Beispiel zwei Lautsprecher mit gleicher -3 dB Grenzfrequenz und gleicher Hochpasscharakteristik, so können bei der Basswiedergabe Welten zwischen beiden liegen, denn der Unterschied liegt wie fast immer, wenn alles gleich erscheint, nicht im Frequenzgang, sondern im dynamischen Verhalten.

Datei:Genuin Pulse.jpg

Bei der Tieftonwiedergabe zählen:

  • die Membranfläche (steif, unverformbar)
  • die Membranschnelle
  • die bewegte Masse
  • der maximale lineare Hub
  • die Linearität des Magnetsystems/Antriebssystems
  • die Charakteristik der mechanischen Aufhängung
  • das thermische Verhalten (thermisch bedingte Hochohmigkeit)
  • die Kompressionen im System (unter dem Dustcap und Spider und innerhalb der Korbgeometrie)
  • die Abstimmung der Parameter
  • die Gehäuseabstimmung
  • die Druckbelastung der Gehäusewände etc.

Und alles entscheidend, der Wiedergaberaum!


Der Klirrfaktor

Für den Klirr, also die nichtlinearen Verzerrungen, gilt Gleiches wie für den Frequenzgang. Auf Grund der maximalen Empfindlichkeit des Hörsinns beim Einschwingen, bei den Transienten, sind Verzerrungen dieser von höchster Bedeutung. Messungen im eingeschwungenen Zustand, wie sie üblicherweise vorgenommen werden, können aber nur die Verzerrungen im eingeschwungenen Zustand zeigen. Die Amplituden der Transienten, zu Beginn eines Schallereignisses, sind jedoch vielfach höher als die eingeschwungenen Signale und besitzen daher einen ganz anderen Klirrfaktor! Dieser Klirr lässt sich natürlich nur im Einschwingen messen (Sprungmessung).


Equalizer - ein Medikament mit Nebenwirkungen

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